Nach 20 min Unterricht wegdämmern

Lüftung in Schulen beschäftigt unsere Leser: Hier sind Kommentare zu Meldungen in cci Branchenticker.

Kontrollierte mechanische Lüftung in Schulen“ und „Nur mechanische Lüftung sinnvoll“ (jeweils cci Zeitung 10/2017)

Ich bin immer wieder erschüttert, auf wie viel Widerstände man in der Praxis und in Projekten stößt, wenn es darum geht, bei Neubauten oder Sanierungen in Unterrichtsgebäuden sinnvolle Lüftungssysteme zum Einsatz zu bringen. Und alles, aus einem nicht nachweisbaren Grund, von Kosteneinsparungen heraus motiviert. Was nutzt der Einsatz moderner Lernmittel und Medientechnologien im Unterricht, wenn die Schüler bei 2.500 CO2 ppm bereits nach 20 min Unterricht wegdämmern. Bitte an diesem Thema dran bleiben, da derzeit die Modernisierung des Gebäudebestands im Bildungswesen stark im Fokus steht.

Ralph Langholz

Richtlinien und Verordnungen zeigen: Schulräume ohne Lüftung sind nicht Stand der Technik (cci60416)

Vielen Dank für den Beitrag mit der äußerst klaren und verständlichen „Beweisführung“ nicht nur der normativen Notwendigkeit einer Schullüftung, sondern auch der Pflicht für eine solche. Jeder Verantwortliche für Schulprojekte der, selbst einmal eine Schule besucht hat und in miefigen Klassenzimmern dem Ende der Unterrichtsstunden entgegendämmerte, und jetzt versucht, aus Gründen der Senkung von Investitionskosten, eine Lüftung zu verhindern, sollte einmal einen Tag in einen von ihm verantworteten Klassenraum eingesperrt werden und das Gefühl der Luftknappheit in vollen Zügen genießen dürfen.

Ralph Langholz

Als Vater von zwei schulpflichtigen Kindern, kann ich die Problematik und Handlungsbedarf nur bestätigen. Der Klassenlehrerin meines jüngeren Sohnes habe ich einen CO2-Sensor mit USB-Schnittstelle für ihr Notebook geschenkt, damit sie sieht, wann es Zeit ist zu lüften. Jedoch ist die Fensterlüftung bzw. das komplette Öffnen der Fenster in dieser Schule aus mir unbekannten Gründen in einigen Klassenzimmern verboten! Österreich hat hier vor ein paar Jahren die umfassende Sanierung von Schulen hinsichtlich RLT veranlasst. Vielleicht gibt es hier positive Belege, die man auch hier zur weiteren Argumentation nutzen könnte.

Jörg Mez


Ich stimme zu, dass eine mechanische Lüftung von Schulräumen aktueller Stand der Technik sein dürfte. Leider schulden wir regelmäßig für die öffentliche Hand nicht diesen, sondern „nur“ die „allgemein anerkannten Regeln der Technik“. Im Bereich allgemein bildender Schulen konnte ich daher trotz guter Argumente bisher keine einzige mechanische Lüftung in Klassenräumen durchsetzen, weil trotz Vorbildfunktion die öffentliche Hand schlicht und ergreifend die Gelder nicht bereitstellt – wir kennen das ja von den erhöhten Anforderungen aus EnEV / EEWärmeG an öffentliche Bauherren. Ihre Argumente werden dann auch auf dem Papier entkräftet und im Zuge der Baugenehmigung über das beiliegende Lüftungskonzept genehmigt. Schließlich gilt die ASR ausschließlich für die Lehrkraft und eben nicht für die Schüler, und über Betriebsanweisungen wird ebenfalls auf dem Papier die Stoßlüftung nach jeder Schulstunde sichergestellt. In dieser Pause ist der Lärmeintrag vertretbar. Und wenn Sie am unteren Ende mit zulässigen 20 statt mit 29 m³/(h, Person) rechnen, reduziert sich der Lüftungswärmeverlust auf 130 W/Person. Nach Abzug seiner eigenen Wärme- und Wasserdampfproduktion brauchen Sie hier über die Wirtschaftlichkeit einer Wärmerückgewinnung nicht zu argumentieren. Dies wäre aber auch zu kurzsichtig. Viel wichtiger ist der Zusammenhang zwischen „schlechter“ Luft (nicht nur CO2) und Arbeitsproduktivität. Studien gibt es hierzu inzwischen genug. Bildung ist unsere einzige Ressource. Ein Runderlass der Bildungsministerien wäre sehr hilfreich.

Heiko Timmer


Die Diskussion … geht aber in der Sache im Kern vorbei. Meine Antwort als Planer ist: Wir sollten die Klärung dieser juristischen Angelegenheit den Juristen und vor allem dem überlassen, der es zu klären hat, nämlich dem Besteller eines Gewerks, dem Bauherrn. Vor dem Hintergrund der Veränderungen zum BGB am 1. Januar 2018 steht es uns Planern nun auch rechtlich abgesichert zu, auf der Bedarfsermittlung/Beschaffenheitserklärung des Bestellers zu bestehen. Im BGB § 650p Abs. 2 Satz 1 ist nun eindeutig geklärt, dass der Besteller eines Werks definieren muss, was er haben will. Nur wenn er das nicht leisten kann oder nicht leisten möchte, greift § 650p Abs. 2 Satz 2. Erst dann haben wir Planer, als besondere Leistung zur HOAI, die neue Leistungsphase LPH 0 zu erstellen. Gegen Bezahlung dieser besonderen Leistung können wir dann ausschließlich technische Beiträge zu einer Beschaffenheitsvereinbarung (Bedarfsplanung DIN 18205) beitragen. Die juristische Bewertung obliegt dann jedoch dem Besteller. Und wenn er in der juristischen Beratung Unterstützung benötigt, muss er sich eines Juristen bedienen und nicht eines Ingenieurs. Aber letztendlich kommt der Auftraggeber ab dem 1. Januar 2018 nicht mehr um seine Entscheidung vor einer Auftragserteilung herum. Nur wer diesen wichtigen Schritt weiterhin handhabt wie bisher, kommt überhaupt die Verlegenheit, diese delikate Frage, mechanische Lüftung ja/nein beantworten zu sollen. Aber auch dann können wir hier nur technische Beiträge leisten, die zur juristischen Klärung der Beantwortung im Einzelfall führen kann. Ein Beispiel aus dem Leben Wenn ein Gast in ein Restaurant kommt und essen will, diskutiert niemand darüber, ob der Gast das Essen bestellen muss, bevor er es serviert bekommt. Die Spielregel ist klar: Der Gast kommt, sagt was er haben will und bekommt das, was er bestellt hat. Der Gastronom sagt noch, was es heute zu essen gibt und ob gesundheitlich zu erwähnende Inhaltsstoffe in den Gerichten enthalten sind. Ob der Gast aber etwas bestellt, gegen das er allergisch ist, bleibt sein Problem. Sagt der Gast nicht, was er haben will, geht der Ober und kommt wieder, wenn das Meinungsbild des Gasts zu seinen Wünschen abgeschlossen ist. Genauso sollten wir es spätestens ab dem 1. Januar 2018 unterlassen, schon mal zum Ausprobieren, die gesamte Speisekarte in allen möglichen Zubereitungsvarianten zu „servieren“, um dann mit dem „Gast“ zu diskutieren, ob hier und da ein anderes Rezept besser gewesen wäre und wir verantwortlich sind, ob er etwas essen wird, was er lieber nicht essen sollte.
Fazit Wir Ingenieure sollten uns um unsere Angelegenheiten kümmern und Ingenieurleistungen erstellen. Dabei können wir technisch beraten und die technischen Zusammenhänge erklären. Wir sollten auf jeden Fall juristische Beratungen unterlassen. Vor allem sollten wir vermeiden, juristische Sachverhalte über technische Argumente lösen zu wollen. Was sagen denn die Juristen zu diesem Thema?

Thilo Bauschke, Bauschke + Partner

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Artikelnummer: cci55237

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