Covid-19-Pandemie und der Betrieb von Klima- und Lüftungsanlagen

Lüftungs- und Kühlungsanlagen im Schlachtbetrieb Tönnies, sowie im Kreis Heinsberg sollen für die Übertragung von Corona-Viren verantwortlich sein.

(Abb. © David Fuentes/adobe.stock.com) Die Luftkonditierung im Schlachtbetrieb Tönnies, Gütersloh, wird in Medien- unter anderem im öffentlichen Rundfunk und Fernsehen- stark kritisiert. Professor Martin Exner, Direktor des Instituts für Öffentliche Hygiene und Gesundheit der Universität Bonn, sagt in einem Interview auf Bild online: „Die vorhandene Raumluft wird immer wieder aus dem Raum in das Kühlsystem gebracht und wieder in den Raum zurückgegeben. Das heißt: Die Luft zirkuliert, ohne aufbereitet zu werden.“ Weiter sagt Exner, es sei nicht bekannt gewesen, dass unter solchen Bedingungen ein Aerosol in Bewegung gehalten werde. Bereits zu Beginn der Corona-Pandemie haben der Dachverband der europäischen Verbände für Heizung, Lüftung und Klima (REHVA), Brüssel/Belgienn oder der Bundesindustrieverband Technische Gebäudeausrüstung (BTGA), Bonn, eine ganze Reihe von Empfehlungen zum Betrieb von Umluftanlagen während einer Pandemie herausgegeben. So schrieb zum Beispiel Hermann Sperber, Präsident des BTGA in einer Pressemitteilung: „Gerade in Räumen mit hohem Kältebedarf, wie es bei Schlachtbetrieben der Fall ist, müssen die Anlagen zur Sicherstellung eines hygienisch einwandfreien Betriebs mit hochwertigen Filtern wie Schwebstoff- oder HEPA-Filtern ausgestattet werden.“ Generell empfahlen die Verbände, den Umluftanteil bei RLT-Anlagen so gering wie möglich zu halten. Schade, dass die Hinweise nicht zu allen Betreibern von RLT-Anlagen durchgedrungen sind.

Mehr Informationen zum Thema finden Mitglieder von cci Wissensportal in der Übersetzung des REHVA-Leitfadens und seiner Ergänzungen unter der Artikelnummer cci85513.

Die Empfehlungen des BTGA, Fachverband Gebäudeklima (FGK) und Herstellerverband raumlufttechnischer Geräte zum Betrieb Raumlufttechnischer Anlagen unter den
Randbedingungen der aktuellen Covid-19-Pandemie sind oben unter Anhänge zu finden.

Artikelnummer: cci88026

4 Kommentare zu “Covid-19-Pandemie und der Betrieb von Klima- und Lüftungsanlagen

  1. Dass virenbelastete Aerosole durch den Umluftbetrieb von Lüftungsanlagen in einer Fleischverarbeitungshalle verbreitet werden, ist durchaus vorstellbar. Zumal wenn keine oder eine unzureichende Filterung der Umluft stattfindet. Der Einsatz von ‚normalen‘ Filtern gegen Aerosole ist sowieso zumindest bedenklich.
    Warum ist bisher noch niemand auf die Idee gekommen, anstelle einer Filterung die Sauerstoffionisierung einzusetzen? Radikale Sauerstoffmoleküle (kein Ozon!) greifen Kohlenwasserstoffverbindungen an und zersetzen sie. Die Technik wird bereits tausendfach in Deutschland eingesetzt, z.B. im Flughafen Frankfurt (gegen Kerosindämpfe) oder im Reichstag in Berlin (gegen Küchenabluftgerüche). Die Sauerstoffionisation kann sowohl zur Eliminierung von Viren, Bakterien, Riech- und Ekelstoffen in der Luft als auch zur allgemeinen Verbesserung der Raumluft eingesetzt werden. (Hinweis: Ich werde von keinem Hersteller von Sauerstoffionisationsanlagen gesponsert!)
    Mit Umluft-Lüftungsanlagen soll meistens die Kühllast auf dem Luftweg abgeführt werden, dazu sind große Luftvolumenströme erforderlich. Deshalb werden in Deutschland schon aus energetischen Gründen mit Lüftungsanlagen nur der Mindest-Außenluftwechsel bedient, die Abfuhr der Kühllast erfolgt dann über örtliche Umluftkühlgeräte. Bei dieser Aufteilung der Anlagen ist eine Virenverbreitung in einem ganzen Gebäude zumindest gebremst.
    Zum Abschluss noch eine Frage: Könnte der großen Verbreitung von Corona in den USA durch die dort immer noch sehr häufig betriebenen Umluft-Lüftungsanlagen Vorschub geleistet worden sein? Und wie ist es in Deutschland? Wie viele Umluft-Lüftungsanlagen werden hier noch als Virenschleuder weiterhin betrieben?

  2. Ich halte eine Aerosol-Verschleppung im belüfteten Raum durch die Mischlüftung für sehr wahrscheinlich. Die nennenswerte Beförderung eines Aerosols durch eine RLT-Anlage mit Kühlung, und damit Entfeuchtung, kann ich aber nicht nachvollziehen.
    In Schlachthöfen haben wir es in den gekühlten Bereichen mit erheblichem Wassereintrag zu tun und die Kühler entfeuchten massiv. Das durch ein komplett befeuchtetes Lammellen-Paket noch ein Aerosol durchkommt kann ich mir technisch nicht vorstellen.
    Als mein Fazit kann ich nur feststellen, dass ein geschlossener Raum mit Personen-Belegung immer ein höheres Risiko beinhaltet. In wie weit die Raumtemperatur, also die Umgebungstemperatur der Personen, hier einwirkt wäre dringend zu untersuchen.
    Eine Reinigung/Desinfektion der umgewälzten Luft ist sicher hilfreich, wird aber nicht ausreichen.

  3. Ich möchte mich im Hinblick auf die Anwendung der Hygienerichtlinie VDI 6022 dem Kollegen Engler anschließen und folgendes ergänzen:
    In den Veröffentlichungen unserer Branchenverbände sollte noch viel stärker auf die sachgerechte Hygiene- Wartung der Komponenten hingewiesen werden! In der Tabelle 8 der VDI 6022-1 (2018) sind alle notwendigen Handlungen zur Aufrechterhaltung eines denkbar hygienischen Zustands von entfeuchtenden Kühlern beispielsweise, detailliert dargelegt. Und wenn dann noch eine bestimmungsgemäße Nachweisführung dieser Arbeiten stattgefunden hat, dann ist im Hinblick auf die Mögliche Verbreitung der Corona- Viren ein deutlich verringertes Risiko zu erwarten.

  4. Die Filterlösung anzuführen wenn man etwas aus der Luft haben will ist naheliegend. Aber was ist mit den speziellen Bedingungen. In der Lebensmittelindustrie hat man meistens kühle Luft mit sehr viel Feuchtigkeit. Da gab es doch etwas in der VDI 6022. In einer älteren Ausgabe mit 80% relativen Luftfeuchte und Einsatz bzw. Wechsel von Filtern. Man sollte sich sehr gut überlegen ob man das eine Problem COVID 19 erledigt und ein anderes dafür, Wachstum von Schimmelpilzen etc. auf den Filtern, nicht dafür erhält. Das wäre gerade für die Lebensmittelindustrie fatal. Über das Durchwachsen von Filtern bei hoher Luftfeuchtigkeit gibt es ja genug Untersuchungen. Es gibt auch andere Lösungen als nur immer Filter. z.B. UV-C. Und für alle die es immer noch nicht wissen auch ohne Ozon.

    Hartmut Engler (oxytec GmbH)

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